Grenzen des Wachstums – Probleme und Folgen des Wirtschaftswachstum im Detail!
Zuletzt aktualisiert & geprüft: 17.02.2021
Für die Wirtschaft eines Landes ist es wichtig, dass sie kontinuierlich wächst. Zu einer florierenden Wirtschaft gehört ein Bruttoinlandsprodukt mit soliden Wachstumsraten und ist hier von großer Bedeutung. Experten gehen jedoch davon aus, dass die Grenzen des Wachstums in absehbarer Zeit erreicht werden. Seit einigen Jahren wird deshalb verstärkt ein Wandel mit einem sparsameren Umgang mit den vorhandenen Ressourcen gefordert. Der Klimawandel trägt ebenfalls zum Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit bei. Milliardär Bill Gates plant 2.000 Millionen für den Klimaschutz zu investieren und möchte sich so aktiv für positivere Entwicklungen einsetzten. In der Praxis scheint eine Abkehr vom Wachstum jedoch eher unrealistisch.
Das Wirtschaftswachstum und seine Grenzen
Über die Grenzen des Wachstums wird unter Wissenschaftlern bereits seit 1972 heftig diskutiert. Damals wurde während des Club of Rome in St. Gallen die gleichnamige Studie vorgestellt. Anhand von Studien und Animationen wurde dabei auf die begrenzten Rohstoffvorräte hingewiesen. Zentrales Thema war die Zerstörung von Lebensraum sowie die Ausbeutung der Rohstoffreserven durch Industrialisierung und Bevölkerungswachstum. Zudem wies die Studie auf eine zunehmende Unterernährung als Folge dieser Entwicklung hin.
Mit mehr als 30 Millionen verkauften Exemplaren wurde das Buch „Grenzen des Wachstums“ ein echter Bestseller. Dies führte zu einer breiten Diskussion auch unter der Bevölkerung. Die Ölkrise in den 1970er Jahren trug ebenfalls zur verstärkten Forderung nach mehr Umweltschutz und einer veränderten Umweltpolitik bei.
Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass die Grenze des Wirtschaftswachstum auf der Erde innerhalb von 100 Jahren erreicht wird. In den Jahren 1992 und 2004 wurde das Papier mit neuen Daten von Rohstoffvorkommen ergänzt. Beim Update von 2004 stellten die Herausgeber weitere Szenarien dar, die von einem Zusammenbruch bis 2100 ausgehen. Selbst durch ein komplettes Umdenken beim Umweltschutz ließe sich dieser nicht mehr verhindern. Allenfalls eine Abmilderung sei noch möglich. Eine nachhaltige Gesellschaft mit acht Milliarden Menschen wäre nur unter den folgenden Voraussetzungen möglich:
- Signifikante Reduzierung des Konsums
- Deutlicher Rückgang des Schadstoffausstoßes
- Konsequenter Energiewandel hin zu erneuerbaren Energien
- Kontrolliertes Bevölkerungswachstum
- Intensive Umweltschutzmaßnahmen
Die Annahmen beruhen jedoch auf einem Modell, dass in der Praxis kaum realisierbar ist.
Was passiert, wenn die Grenzen des Wachstums erreicht werden?
Die Herausgeber der Studie „Grenzen des Wachstums“ gehen bei Erreichen der Wachstumsgrenze von einer moderaten Zunahme der Weltbevölkerung aus. Erst wenn im Jahre 2100 die absolute Grenze erreicht ist, käme es zu einer Änderung des Trends. Dabei werden die folgenden Entwicklungen erwartet:
- Lebensmittel werden knapper und damit teurer
- Die industriellen Kapazitäten brechen ein
- Bevölkerungszahl geht stark zurück
Nach Ansicht der Wissenschaftler lässt sich ein solches Szenario nur durch ein wirtschaftliches und ökologisches Gleichgewicht verhindern.
Problematik des wirtschaftlichen Wachstums
Auf den ersten Blick klingt es nicht logisch, dass Wirtschaftswachstum von einigen Wissenschaftlern als problematisch angesehen wird. Tatsächlich sorgt ein permanentes Wachstum jedoch zu ökologischen, sozialen und sogar ökonomischen Problemen. Zwar nimmt der materielle Wohlstand bei einer wachsenden Wirtschaft zu, allerdings führt der deutlich über die Grundbedürfnisse hinausgehende Konsum zu einem stärken Verbrauch der Ressourcen.
Dazu weisen mehrere Studien daraufhin, dass die Lebensqualität in den Industrienationen bereits seit den 1960er Jahren nicht mehr zunimmt. Daran ändere auch ein wirtschaftliches Wachstum nichts. Im Gegenteil, der steigende Drang nach materiellen Werten führe vermehrt zu Depressionen, Burnout, Angst und Unzufriedenheit.
Zu den positiven Aspekten gehört, dass ohne Wirtschaftswachstum kein technischer Fortschritt möglich wäre. Die negativen Folgen würden davon jedoch nicht aufgehoben. Dazu kommt, das einige der neuen Technologien wie Gentechnik oder Nuklearenergie aufgrund ihrer negativen Auswirkungen auf die Umwelt stark umstritten sind.
Es gibt noch weitere Theorien, die für Grenzen des Wachstums sprechen. So war der Österreicher Leopold Kehr bereits 1957 der Meinung, dass der Lebensstandard zurückgehe, wenn die westlichen Volkswirtschaften über ein gewisses Maß hinaus wachsen. Als Beispiele für seine These führte er die Abnahme der Produktlebensdauer sowie die geringere Wertschätzung von materiellen Gütern an. Kritiker von einem unbegrenzten Wachstum warnen außerdem vor weiteren Folgen wie:
- zunehmender Monopolisierung
- sinkende Produktqualität
- höhere Verschuldung
- Rückgang des Lohnniveaus
- Erzeugung von fragwürdigen Bedürfnissen
Über die Grundversorgung hinausgehende Bedürfnisse sollten nicht in Massen, sondern nur in Maßen befriedigt werden. Ansonsten würden Grenzen des Wachstums noch schneller erreicht.
Zu beachten ist jedoch, dass der Zinseszinseffekt die Wirtschaft quasi unter einem Wachstumszwang setzt. Dies führt unter anderem dazu, dass sowohl Guthaben wie auch Schulden exponentiell zunehmen. Nur mit einer stetig wachsenden Wirtschaft lässt sich die Zinslast begleichen.
Gibt es wirklich Grenzen des Wachstums?
Einige Wissenschaftler bezweifeln jedoch die Theorie der Grenzen des Wachstums. Keine Zweifel gibt es jedoch darüber, dass begrenzte Ressourcen der Rohstoffe sowie die Umweltverschmutzung zu Problemen führen. Die bekannte Ökonomin Diane Coyle vertritt allerdings die These, dass es weitere Möglichkeiten für ein Wachstum gibt.
So ist beispielsweise eine Verlagerung des Wachstums von materiellen Gütern hin zum Dienstleistungs- und Informationsbereich denkbar. Hierbei handelt es sich Kernpunkte der New Economy.
Eine weitere Alternative zum klassischen Wachstum ist ein qualitatives Wachstum. Gemeint ist damit ein nachhaltiger Umgang mit den Ressourcen, welcher insbesondere durch den technischen Fortschritt ermöglicht wird.
Eine definitive Aussage zu den Grenzen des Wachstums lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht treffen. Die Technologiefrage wurde im Rahmen der Studie „Grenzen des Wachstums“ allerdings berücksichtigt. Dabei sind die folgenden Szenarien durchgespielt worden:
- Durch komplettes Recycling werden keine Rohstoffe mehr benötigt
- Keine Begrenzung der Rohstoffvorräte
- Deutlich reduzierte Umweltverschmutzung
- Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität
- Optimale Geburtenkontrolle
Um eine Simulation der maximalen Technologie möglich zu machen, wurden alle Kriterien in einem Szenario kombiniert. Am Ende kamen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass selbst eine maximale Technologie die negativen Folgen des Wachstums nicht verhindern kann. Kritiker der Studie merkten jedoch an, dass der technische Fortschritt nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. So wäre es mit einer besseren Technologie möglich, Umweltverschmutzung und Ressourcennutzung nur linear anwachsen zu lassen während Bevölkerung und Kapital exponentiell zunehmen.
Anzumerken ist noch, dass die Studie „Grenzen des Wachstums“ keinen allgemeingültigen Anspruch reklamiert. Die Ergebnisse sollte stattdessen als Hinweise verstanden werden. Später angestellte Vergleiche deuten jedoch hin, dass die Verfasser durchaus recht behalten könnten. So entspricht das Bevölkerungswachstum weitgehend mit der Prognose überein.
Mögliche Alternativen zum Wirtschaftswachstum
Unter vielen Wissenschaftlern, Politikern und Bürgern gelten die Grenzen des Wachstums als wahrscheinlich. Dies hat im Laufe der Jahrzehnte zu heftigen Diskussionen über mögliche Alternativen geführt. Innerhalb der westlichen Industrienationen wird eine Zurücknahme des Wirtschaftswachstum tendenziell als unnötig angesehen. Stattdessen sollte das quantitative Wachstum durch ein „qualitatives“ bzw. „nachhaltiges“ Wachstum ersetzt werden.
Ander Wissenschaftler, die der Postwachstumsökonomie nahestehen, gehen mit ihren Forderungen um einiges weiter. Ihrer Meinung verhindert die technische Entwicklung die Belastung von Umwelt und Ressourcen nicht. Stattdessen führe ein stetiges Wachstum immer zu ökologischen Schäden. Durch den zunehmenden Konsum steige die Lebensqualität nicht, im Gegenzug führt Wachstum zu mehr Hunger und Armut in der Welt.
Als Lösung wird ein aus fünf Schritten bestehender Plan vorgeschlagen:
- Reduzierung des Konsums, da dieser nicht zu einer besseren Lebensqualität führt.
- Selbst- und Fremdversorgung kombinieren, um die Abhängigkeit von Geld und Wachstum zu verringern. Hierzu gehöhrt beispielsweise:
- Eigenarbeit
- Gemeinschaftliche Nutzung von Geräten und Werkzeugen
- Subsistenz
- Netzwerke für mehr Nachbarschaftshilfe
- Verschenkmärkte
- Community-Gärten
- Eine verkürzte Wertschöpfungskette mit regionalen Märkten und Währungen.
- Durch eine Verlängerung der Nutzungsdauer Konsumansprüche sinnvoll verstärken.
- Boden- und Geldreform um systemimmanente Wachstumszwänge zu mildern. Abschaffung der Zinsen.
Fazit zu den Grenzen des Wachstums
Die Kritik am Wirtschaftswachstum ist kein neues Phänomen und hat in den letzten Jahrzehnten zu einem stärkeren Umweltschutz geführt. Mehrere Modelle gehen davon aus, dass ein weiteres Wachstum irgendwann zum Zusammenbruch führt. Zudem gehen viele Wissenschaftler davon aus, dass Wirtschaftswachstum auf Dauer nicht zu einer besseren Lebensqualität führt. Vor allem seit der Finanzkrise 2007 wird verstärkt eine Abkehr von der bisherigen Wachstumstheorie gefordert, um den jetzigen Wohlstand zu erhalten. Vor allem beim Konsumverhalten sei ein nachhaltiges Umdenken erforderlich.
Experten-Tipp:
Inwieweit es zu einem Zusammenbruch kommen kann, ist unklar. Dennoch sollten gerade Anleger die Entwicklung der Wirtschaft täglich im Auge behalten, um bei Veränderungen schnell reagieren zu können.
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